Vulvodynie Definition: Der unsichtbarer Schmerz in meiner Vulva
Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass du diesen Artikel geöffnet hast. Vielleicht bist du hier gelandet, weil du auf der Suche nach Antworten bist – nach Erklärungen für die Schmerzen, die du in deinem Intimbereich erlebst.
Vielleicht spürst du ein Brennen, Stechen, Jucken oder Kribbeln. Jeans tragen oder längeres Sitzen wird zur Qual. Möglicherweise spürst du Druck, Spannung oder ein unangenehmes Trockenheitsgefühl rund um deine Vulva. All das könnten Anzeichen für Vulvodynie sein. Ich bin keine Medizinerin, sondern selbst Betroffene – und über die Jahre habe ich viel über diese Erkrankung gelernt. Meine Erfahrungen und mein Wissen möchte ich hier mit dir teilen.
Ich glaube nämlich fest daran: Wenn wir verstehen, was uns Schmerzen bereitet, sind wir besser in der Lage, Hilfe zu finden und die richtigen Worte für das zu finden, was in uns vorgeht. Nur wenn wir wissen, wo „es brennt“, können wir gezielt daran arbeiten, die Flammen zu löschen. Also ich hoffe ich kann dir im Folgenden vielleicht ein wenig weiterhelfen.
Was ist Vulvodynie? – Eine Definition
Als Vulvodynie bezeichnet man chronische Schmerzen (Schmerzen länger als 3 Monate), die im Bereich der Vulva. Das Wort Vulvodynie setzt sich zusammen aus „vulvo“ für Vulva und „dynie“ für Schmerz und bedeutet wörtlich also „Schmerzen in der Vulva“.(1) Als Vulva wird der äußere sichtbare Bereich der Geschlechtsorgane bezeichnet. Hierzu zählen die Klitoris, die äußeren und inneren Vulvalippen (auch bekannt als Schamlippen - der Begriff ist allerdings veraltet und stigmatisiert die weiblichen Geschlechtsorgane), die Klitorisvorhaut, der Klitorishügel, sowie der Eingang der Harnröhre und der Damm. Die Vulva ist vom Vaginalkanal (der Scheide) zu unterscheiden.
Vulvodynie gehört zu den medizinisch ungeklärten Symptomen (MUS), d. h. sie steht in keinem Zusammenhang mit einer identifizierbaren Krankheit. Andere, bekanntere Beispiele sind: Fibromyalgie, interstitielle Zystitis, Reizdarmsyndrom, Kiefergelenksdysfunktion, chronisches Erschöpfungssyndrom usw.
Die Schmerzen können als Brennen, Stechen, Jucken oder als dumpfer Schmerz empfunden werden und sich bei bestimmten Aktivitäten wie Sitzen, Bewegung, Berührung oder Geschlechtsverkehr verstärken. Manchmal treten sie aber auch völlig unabhängig von äußeren Einflüssen auf. Schätzungen zufolge leiden mindestens 10 Prozent aller Frauen irgendwann in ihrem Leben an Vulvodynie.
Formen der Vulvodynie
Lokalisierte Vulvodynie
Bei dieser Form treten die Schmerzen an einer bestimmten Stelle an der Vulva auf. Wenn der Eingangsbereich der Vagina betroffen ist, spricht man von Vestibulodynie, während Schmerzen rund um die Klitoris als Klitoridynie bezeichnet werden.
Generalisierte Vulvodynie
Hier treten die Schmerzen auf mehreren Stellen gleichzeitig auf oder betreffen die gesamte Vulva.
In beiden Fällen ist es möglich, dass die Schmerzen konstant vorhanden sind oder spontan vorübergehend auftreten.
Vulvodynie Symptome: Wann solltest du hellhörig werden?
Die Symptome der Vulvodynie können stark variieren. Hier sind einige Anzeichen, auf die du achten solltest:
Brennen oder Stechen im Bereich der Vulva (Venushügel, innere/äußere Vulvalippen, Klitoris, Vaginaeingang)
Juckreiz oder Kribbeln
Druck- oder Spannungsschmerz
Trockenheits- oder Wundgefühl
Empfindlichkeit beim Tragen enger Kleidung, zB. Jeans
Schmerzen beim Fahrradfahren oder längerem Sitzen
Schmerzen im Bereich des Anus
Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
Ein scharfes, messerartiges Gefühl zu Beginn des Geschlechtsverkehrs
Dauerhafte Schmerzen, auch im Ruhezustand
Mögliche Ursachen für Vulodynie
Die genaue Ursache der Vulvodynie ist leider bis heute nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kombination aus verschiedenen Faktoren. Da die Forschung zu diesem Thema uneinheitlich ist und jeder Fall einzigartig sein kann, werde ich in einem weiteren Blogartikel ausführlich auf mögliche Ursachen und dazugehörigen Behandlungsmöglichkeiten eingehen. Insgesamt ist eine individuelle Diagnosestellung ist der beste Weg, um die möglichen Auslöser in deinem Fall zu identifizieren.
Wie wird also Vulvodynie diagnostiziert?
Die Diagnose Vulvodynie ist meist eine Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, dass erst alle anderen möglichen Ursachen ausgeschlossen werden – wie Infektionen, Geschlechtskrankheiten, dermatologische oder neurologische Erkrankungen und hormonelle Störungen. Wenn diese Möglichkeiten ausgeschlossen sind, kann ein sogenannter SWAB-Test durchgeführt werden. Bei diesem Test werden bestimmte Punkte an der Vulva mit einem Wattestäbchen berührt, um festzustellen, ob diese Berührung schmerzhaft ist.
Bei mir wurde dieser Test in der Charité in Berlin durchgeführt – eine sehr schmerzhafte, aber wichtige Erfahrung, die letztendlich zur Diagnose führte.
Es gibt Hoffnung – Behandlung von Vulvodynie
Die gute Nachricht ist, dass es verschiedene Behandlungen gibt, die helfen können, die Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Allerdings gibt es leider keine universelle Lösung, die für alle gleichermaßen funktioniert. Daher muss Jede*r Betroffene für sich selbst herausfinden, was ihr am besten hilft. Hier sind einige gängige Optionen:
Medikamentöse Behandlung: Medikamente wie Antidepressiva oder Antiepileptika können die Schmerzverarbeitung im Nervensystem beeinflussen und Linderung verschaffen. Weitere Optionen sind Botox, hormonhaltige Cremes oder Lokalanästhetika.
Physiotherapie für den Beckenboden: Eine gezielte, entspannende Physiotherapie (z. B. Triggerpunktmassage oder TENS) kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen und so die Schmerzen zu lindern. (Wichtig: Diese Therapie sollte nicht mit Beckenbodentraining verwechselt werden, bei dem Muskeln aufgebaut werden. Betroffene von Vulvodynie benötigen Entspannung, nicht Kräftigung.)
Psychotherapie: Chronische Schmerzen belasten die Psyche, und psychische Belastungen können Schmerzen verstärken. Therapien wie kognitive Verhaltenstherapie helfen, besser mit den Schmerzen umzugehen und negative Gedankenmuster zu durchbrechen.
Alternativmedizinische Ansätze: Behandlungen wie Akupunktur und Osteopathie können ebenfalls Linderung bringen.
Entspannungstechniken: Autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Yoga und Meditation sind hilfreiche Werkzeuge, um den Körper und Geist zu entspannen.
Einige der genannten Angebote haben mir sehr gut geholfen und ich werde meine Erfahrungen in zukünftigen Blogbeiträgen mit euch teilen. Abschließend ist zusagen, dass es keine One Way fits All Behandlung gibt für Vulvodynie. Jeder Fall ist individuell und es braucht Zeit herauszufinden welche Behandlung geeignet ist.
Alltagstipps für mehr Lebensqualität
Hier sind einige Dinge, die dir im Alltag helfen können:
Bequeme Kleidung: Trage lockere Kleidung und atmungsaktive Baumwollunterwäsche, um Druck auf die Vulva zu vermeiden.
Intimhygiene: Verwende möglichst nur Wasser zur Reinigung des Intimbereichs und verzichte auf spezielle Intimwaschgels.
Wärme und Kälte: Sitzbäder oder eine Wärmflasche können entspannend wirken, während Kälte beruhigend sein kann.
Leichte Bewegung: Sanfte Aktivitäten wie Yoga, Tanzen oder Spaziergänge können helfen, mental und körperlich in Bewegung zu bleiben.
Schmerzprotokoll: Ein Tagebuch über Schmerzepisoden und mögliche Auslöser kann helfen, Zusammenhänge zu erkennen und individuelle Auslöser besser zu verstehen.
Was hilft euch im Alltag? Teilt gerne eure Erfahrungen in den Kommentaren. Dann können wir die obenstehende Liste gemeinsam wachsen lassen :)
Fazit
Vulvodynie ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die Aufmerksamkeit und Verständnis verdient. Dein Schmerz ist real, und es gibt Möglichkeiten, deine Lebensqualität zurückzugewinnen. Zögere nicht, dir Hilfe zu suchen und dran zu bleiben – auch wenn der Weg steinig ist. Du bist nicht allein, und es gibt Unterstützung.
Quellen:
(1/2): https://www.alcimed.com/de/insights/vulvodynie/
When Sex hurts - Understanding and healing Pelvic Pain - by Andrew Goldstein, MD
Heal Pelvic Pain - by Amy Stein, M.P.T
https://cistite.info/de/vulvodynie-und-vestibulodynie.html